Wie geht es mir heute?

Der Stand der Dinge, ich versuche, das Ganze aktuell zu halten.

Nach dem akuten Leberversagen und der Feststellung der Leberzirrhose im Krankenhaus begann dort die so genannte LTX Evaluierung, also eine Reihe verschiedener Untersuchungen und Facharzt-Gespräche, um meine Eignung als Organ-Empfänger zu testen. Diese Evaluierung musste schnell erfolgen, um mich so bald wie möglich auf die Warteliste von Eurotransplant setzen zu können.
Den Untersuchungs-Marathon habe ich nun hinter mir und meinen Ausweis immer dabei:


Der MELD-Score, von dem auf der Rückseite die Rede ist, wird in regelmäßigen Abständen neu ermittelt und legt fest, wie dringend ich das neue Organ brauche. Man kann es so erklären: Je höher der MELD Score, desto weiter rutsche ich auf der Warteliste nach oben. Allerdings bedeutet ein höherer Score auch, dass es mir schlechter geht.

12.06.2012

Seit eineinhalb Wochen bin ich zuhause. Im Krankenhaus waren Infektionsrisiko und psychische Belastung höher als hier. Ich versuche, mir einen Alltag aufzubauen, derzeit noch mit einigen größeren und kleineren Schwierigkeiten, die ich jedoch nach und nach in den Griff bekomme:

Die Nebenwirkungen der Medikamente waren vor allem an den ersten Tagen sehr schlimm: Muskelkrämpfe, Schmerzen, Übelkeit, abwechselnd zu hoher und zu niedriger Blutdruck. Anfangs verkrampften meine Hände teilweise so stark, dass ich den Wasserhahn nicht zudrehen konnte.
Inzwischen kann ich damit umgehen, habe mir in der Lebersprechstunde nochmal einiges erklären lassen und weiß nun, worauf mich welches Symptom hinweist. Bei den Krämpfen hilft Magnesium, das habe ich nun immer griffbereit.

Auch das Internet hilft mir gut weiter, ich finde Informationen über meine Krankheit, Statistiken, Studien und vor allem wird mir auch der Austausch mit anderen Betroffenen ermöglicht. Gemeinsam leiden ist nicht ganz so schlimm wie allein.

Und auch, wenn mich lange und ausführliche Gespräche mit meiner Familie und Freunden nach wie vor (körperlich) anstrengen.... auch, wenn ich vieles, was ich mir für den Tag vornehme, doch noch nicht schaffe... auch, wenn ich manchmal zu schwach bin, um einkaufen zu gehen oder mich mit der Versicherung herumzuärgern...

 - Es tut einfach gut, nicht mehr "weg" zu sein.

17.06.2012

 Inzwischen komme ich immer besser mit den Medikamenten zurecht - bei einigen ist das Timing entscheidend. Nachts und morgens ist es nach wie vor am schwierigsten, aber es wird...

Diese Woche steht die nächste Laborkontrolle beim Hausarzt an, je nach dem, wie die Werte sich entwickeln, könnte das meinen MELD Score positiv oder negativ beeinflussen.
Außerdem habe ich nun einigermaßen Kraft, diverse Formulare auszufüllen und sonstigen Papierkram zu erledigen, den so eine Krankheit mit sich bringt - das hatte ich erstmal ein wenig vor mir hergeschoben...

Und es gibt vieles, das mich aufmuntert und mir täglich neue Kraft gibt. Netter Besuch, kurze Spaziergänge, Telefonate mit der Familie, Gespräche mit Freunden... Es ist schön, das genießen zu können.

27.06.2012

 Nach einigem bürokratischem Stress mit dem Labor (man wollte dort auf keinen Fall meine Blutwerte an das Transplantationsbüro weiterleiten...) erfuhr ich, dass sich meine Blutgerinnung wesentlich gebessert hat. Sie liegt nun bei etwa 50%, ist also noch immer nicht sehr gut, aber immerhin. Das bestätigt auch mein allgemeines Empfinden in den letzten Tagen - ich fühle mich die meiste Zeit über recht fit. Zwar ist die Belastungsgrenze schnell erreicht, psychisch sowie physisch, doch so lange ich jeden Tag etwas von meiner To-Do-Liste streichen kann, bin ich zufrieden.

Nach einigem Experimentieren hat sich gezeigt, dass viel Disziplin beim Essen sehr weiterhilft - es gibt natürlich "verbotene" Lebensmittel, die schädlich für die Leber sind, aber die herauszufinden, dauert erst einmal... Auf jedenfall muss ich mich zwingen, enorm viel zu trinken, mindestens 4 bis 5 Liter täglich. Das strengt zwar an und nervt bisweilen auch (immer nur Wasser, Tee und möglichst alles ungesüßt)... aber dadurch sind die Ödeme ganz gut in den Griff zu bekommen. Ansonsten kann man eine Leber-Diät in etwa so beschreiben: alles, was man gemeinhin sowieso unter gesunder Ernährung versteht (wenig Fleisch, kaum Fett, kaum Zucker usw) - nur NOCH gesünder (wenig Salz, bestimmte Brot- und Käsesorten, Kräuter und Früchte nicht, bestimmte Lebensmittel nicht roh essen, möglichst alle Speisen selbst zubereiten statt fertig kaufen...).

Morgen erfahre ich, ob sich durch die verbesserten Blutwerte auch mein MELD Score verändert hat und ich damit weiter nach unten auf der Warteliste rutsche.

06.07.2012

Heute morgen hatte ich einen weiteren Termin in der Lebersprechstunde. Die Blutwerte sind zwar besser und mein MELD Score tatsächlich auf 19 gesunken - jedoch hat mir der Arzt auch ein bisschen den Wind aus den Segeln genommen, was zu frühen Optimismus angeht. Zwar ist es super, dass ich mich fit fühle und nun auch mehr Zeit bis zur Transplantation habe, jedoch könne es jederzeit wieder zu Verschlechterungen meines Zustandes kommen.
Aber er will trotzdem versuchen, meine Kortison-Dosis zu reduzieren, um bald mit der Immunsuppression durch ein anderes Medikament zu beginnen. Das freut mich, da mir so einige unangenehme Nebenwirkungen des Kortisons erspart bleiben.
Obwohl ich oft noch merke, dass ich mich nicht zu sehr belasten sollte, vor allem bei extrem warmem Wetter, bleibe ich vorsichtig optimistisch...

04.08.2012

 Inzwischen ist mein Score noch etwas weiter gesunken, ich bin nun mit 18 bei Eurotransplant gemeldet. Das bedeutet seltenere Blutwert-Kontrollen fürs LTX-Büro (die nächste ist erst im September). Und: der Zeitraum bis zu einer Transplantation verlängert sich damit erneut. Das Cortison beginnt nun langsam aber sicher, seine Nebenwirkungen zu entfalten, was mich etwas unglücklich macht. Die psychische Belastung ist manchmal schwerer zu ertragen als die körperliche... Doch über mangelnde Ablenkung kann ich mich nicht beklagen, so dass sich selbst heiße Sommertage ganz gut ertragen lassen.
Bald müssen meine Weisheitszähne entfernt werden, das macht mir noch etwas Angst... Aber es lange aufzuschieben hätte keinen Sinn, also Augen zu und durch...

26.08.2012

 Morgen geht es wieder ins Krankenhaus, am Dienstag ist die Zahn-OP nun endlich dran... Die aktuellen Gerinnungswerte seien ausreichend, so dass momentan nichts gegen den Eingriff spricht. Bin gespannt, wie lange ich hinterher noch stationär bleiben muss, hoffentlich geht alles gut.
Im Lauf der Woche findet dann auch noch die nächste Lebersprechstunde statt....

08.10.2012

Zum ersten Mal ist der MELD-Score seit der letzten Kontrolle nicht weiter gesunken. Jedoch ist mein Allgemeinzustand inzwischen durchaus gut und ich fühle mich bei "meinem" Leber-Doc super aufgehoben. Der achtet immer auf alles. Auch, ob ich z.B. genug Kalzium zu mir nehme und ob die Hausärztin mich ernst genug nimmt.
Bis auf das Ernährungs-Problem läuft der Alltag aber wieder "normal", weshalb sich auch die Einträge hier in letzter Zeit nicht mehr so häufen. Ich hoffe, auch weiter viel Positives berichten zu können!

20.05.2013

 Eine Transplantation ist vorerst in weite Ferne gerückt - der letzte MELD-Score war sehr niedrig, meine Leberwerte waren annähernd normal. Bisher ertrage ich die Sommerhitze viel besser als im letzten Jahr. Bis auf die Nebenwirkungen des Cortisons macht mir nur wenig zu schaffen. Bin dankbar und glücklich.

1 Kommentar:

  1. Hey Du,

    täglich schaue ich auf Deinen Blog und mache mir Sorgen, wenn es nur einen Tag lang keine Veränderung auf der Seite gibt. Daher bin ich froh über die Rubrik "Wie geht es mir heute?". Danke für die regelmäßigen Updates. Und Danke für Deine wunderbare Schreibweise, die mich trotz der harten Fakten an mancher Stelle sogar schmunzeln läßt. (Den Aufruf an Pädophile habe ich auch schon in der U-Bahn gesehen!!!) Ich denke an Dich.

    Liebe Grüße von Susan.

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