Sonntag, 8. Juli 2012

Frau Müller.

Auf dem Rückweg vom Psychologen zu meiner Station nahm der Krankenwagen noch eine weitere Patientin mit. Frau Müller, wir holten sie von ihrer Chemotherapie ab. Sie war recht alt, ganz mager, zerbrechlich und sehr nett. Ihr Mann sei schon lange tot, erzählte sie mir. Andere Verwandte habe sie auch keine mehr, Freunde ebenfalls nicht, alle schon tot. Nun warten nur noch ihre Katzen auf sie, wenn sie nachhause kommt. Als ich erzählte, dass ich auch mal eine Katze hatte, freute sie sich. "Die merken immer, wenn es einem nicht gut geht."
Ihr ganzes Leben lang kämpfte sie schon gegen den Krebs. Dass sie mal alle ihre Lieben überleben würde, hätte niemand für möglich gehalten.
Wir erreichten die Station und stiegen aus. Sie fragte mich noch, wie alt ich sei. "Wie 27 sehen Sie aber nicht aus. Höchstens 22!" Ich freute mich über das Kompliment. Und schämte mich, dass ich mich freute.
Die schlagfertigste Antwort, die mir einfiel, war: "Sie auch."
Sie lachte und winkte mir zum Abschied.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen